Werni Stock ist der letzte einer einst szeneprägenden Zillertaler Snowboard-Dynastie. Während Benni Wetscher, Peter König und Tom Klocker längst ihre Schuhe an den Nagel gehängen haben, ist der mittlerweile 31–jährige Stock noch immer voll im Game.

Obwohl der sympathische Tuxer nie die ganz großen Contest Erfolge einfahren konnte, filmte er mit den renomierten Filmproduktionen und machte sich über seine Backcountry Parts, die den Vergleich mit den besten der Welt nicht scheuen müssen, einen internationalen Namen. Wir haben uns mit Werni über das Leistungsloch im Zillertal, Underdog Tom Tramnitz und einen Rail Part unterhalten.

INTERVIEW Werni Stock

Hallo Werni, deine Eltern betreiben ein Hotel im Zillertal. Wie standen sie deiner Entscheidung gegenüber, dein Geld durch Snowboarden zu verdienen?

Ganz ehrlich, so richtig happy waren meine Eltern mit meiner Entscheidung nicht. Aber nachdem ich meinen Weg eingeschlagen habe und damit nicht völlig erfolglos war, waren und sind sie doch auch etwas stolz. Außerdem arbeite ich in den Sommermonaten bei uns im Hotel als Wanderführer und Bike Guide, wodurch ich zusätzliche Pluspunkte bei meinen Eltern sammeln kann. [lacht]

Du warst in den letzten Jahren regelmäßig in den Shred Bots Filmen zu sehen. Wie kam der Kontakt zu den Jungs und sehen wir dieses Jahr wieder einen Part von dir?

Über die Jahre hinweg habe ich Torstein Horgmo und all die anderen Jungs kennengelernt und 2013 filmten wir dann das erste Mal völlig ungezwungen miteinander. Ab dieser Zeit waren wir echt viel miteinander unterwegs, weil einfach die Chemie zwischen uns gepasst hat. Seitdem bin ich jedes Jahr Teil dieser spaßigen und einmaligen Snowboard-Crew, wofür ich wirklich dankbar bin. Torstein ist übrigens ein echt unglaublich fähiger Kerl, dem ich viel zu verdanken habe! Und ja, um deine Frage zu beantworten: Ich bin wieder bei den Shred Bots dabei! Keep your eyes open!!!

 

Werni Stock Zillertal
Kein Wunder dass die Shredbots gut mit Werni Stock auskommen. Stock drapiert sich in die Luft mit einem BS 5 Tail. Foto: Patrick Steiner

Heutzutage braucht man beinahe eine Turnerausbildung, wenn man im Freestyle noch etwas erreichen möchte. Einige Big Namens haben sich von dieser Entwicklung ab- gewandt und sind in jüngster Zeit vermehrt und auch erfolgreich bei der Freeride World Tour an den Start gegangen. Travis Rice nannte die FWT sogar die Zukunft des Wettkampf-Snowboardens. Wäre das nicht auch was für dich?

Grundsätzlich finde den Ansatz schon interessant, aber mir ist die FTW einfach zu Freeride-lastig. Mir fehlt der Freestyle-Aspekt, der Snowboarden in meinen Augen auch ein stückweit ausmacht. Die FWT-Aufnahmen sehen oft einfach nicht einladend und faszinierend aus, was ich z.B. von Travis Rice Ultra- und Super Natural Events nicht behaupten konnte. Diese Formate waren interessant und haben Spaß gemacht. Snowboarden braucht mehr von solchen Events!

Das Trick-Repertoire im Snowboarden hat vermeintlich die Grenzen der Physik erreicht, wie die Verletzungen von Kevin Pearce, Ayumu Hirani und IPod auch unterstreichen. Welche Tricks machen dir Angst, ab wann sagst du nein?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich fast nie Angst vor Tricks bzw. Slams hatte. Aber wenn ich von schweren Verletzungen höre, stimmt auch mich das nachdenklich. Ich hatte selbst schon mit Verletzungen zu kämpfen und habe für mich daraus gelernt, dass ich nur Tricks mache, dich ich im Kopf verarbeiten kann und bei denen ich ein gutes Gefühl habe.

Snowboarden war früher eine lebenssinnstiftende Jugendbewegung, heute lernen viele Kinder den Sport abseits der Verbände gar nicht mehr so richtig kennen. Was sagst du zu dieser Entwicklung?

Viele Wege führen nach Rom! Was ich damit sagen will, ist, dass es keine Rolle spielt, ob die Motivation durch den Verband oder über den Freundeskreis kommt. Für mich stand immer der Spaß und die Freude am Snowboarden im Zentrum und nicht der Erfolg. Ich fahre genauso Snowboard wie es sich für mich am besten anfühlt. Ich liebe es genauso mit meiner Frau Tiefschnee zu fahren, wie mit meinen Homies Park Labs zu drehen. Wenn der Spaß bei einer Session mitfährt, bin ich immer dabei, egal ob es um 1080ies oder Pow- derturns geht!

In Zeiten von Social Media gibt es immer weniger hochwertige Snowboard-Filme und trotzdem hast du vergangen Winter an genau einem solchen Projekt mit Tom Tramnitz, Mario Wanger und Julian Pintarelli gearbeitet. Schauen die Kids von heute überhaupt noch Clips an, die länger als eine Minute dauern?

Definitiv haben solche Movies noch ihren Platz! Ohne gute Filme hätte Snowboarden ein echtes Problem. Es sind genau diese Filme, die für mich Snowboarden wie ich es kenne und liebe, transportieren. Freunde, Spaß, Evolution, Emotionen, Impressionen, Progression und das mit einer Crew, die das Ganze liebt, lebt und authentisch durch einen Film transportiert und letztlich so die Leute da draußen für den Sport sensibilisiert, von der Couch holt und für den Berg motiviert. Social Media alleine kann das nicht! Wer erinnert sich an Robot Food? Ihr wisst was ich meine …

Werni Stock Zillertal
Kein Wunder dass Werni Stock Snowboarden spaß macht. So fliegen kann nicht jeder. Foto: Patrick Steiner

Werni Stock war lange Zeit das österreichische Aushängeschild von Burton. Wieso wurde diese Ehe geschieden und wie kam es zu dem Deal mit Vimana?

Ganz ehrlich, das kann leider auch ich nicht beantworten. Die Trennung kam auch für mich sowas von überraschend und damit hätte ich zum damaligen Zeitpunkt auch wirklich nicht gerechnet. Umso besser kam alles danach – meine Wiedervereinigung mit Bonfire. Vimana Snowboards, die beste Familie aller Zeiten. Deeluxe, Union, Coal,… Ich könnte echt nicht glücklicher und dankbarer sein.

Lass uns über Tom Tramnitz sprechen. Warum hat Tom nie den Bekanntheitsgrad eines Werni Stock erlangt, obwohl dieser Junge so verdammt gut Snowboard fährt?

Tom ist der absolute Wahnsinn! Ich bin echt super stoked, dass ich so oft mit ihm unterwegs sein kann. Er ist ein brutal guter Shredder, der viele Pros beim Shredden in die Hosentasche steckt. Im Vergleich zu Tom bin ich am Anfang meiner Karriere sehr viele Contests gefahren und hab mir damals beim Air&Style, Freestyle.ch, der Ästhetiker Tour und beim Spring Battle einen Namen gemacht. Danach hatte ich echt wirklich Glück, dass ich mit den Pirates, Absinthe und auch Burton mehr und mehr im Backcountry zum Shooten unterwegs sein durfte. Tom hatte leider aufgrund vieler Verlet-zungen nie die Chance sich einen Namen an Contests und durch renomierte Filmproduktionen zu ma- chen, wie es bei mir der Fall war.

Tom Tramnitz Zillertal
Tom Tramnitz hats in den Füßen. In Kürze kommt das Filmprojekt „Local Surroundings“ von Tom, Mario Wanger und Werni Stock auf den Markt. Foto: Tom Klocker

Gibt es einen bestimmten Snowboarder, der dich am meisten beeinflusst hat?

Bei dieser Frage könnte ich Hunderte nennen. Von Michi Albin, Travis Parker, Danny Da- vis, Gigi Rüf, Alek Oestreng, Torstein Horgmo, Jody Wachniak bis hin zu JP Solberg, haben mich viele Fahrer inspiriert. Wenn ich mich jedoch auf einen festlegen müsste, dann wäre das Tom „Beckna“ Eberharter. Er versprüht für mich wie kein Zweiter die Emotion, Liebe und Passion für den Sport. Er geht in jeder freien Minute auf den Berg, hat immer einen fetten Smile im Gesicht, ist immer motiviert und beeindruckt mich echt jedes Mal aufs Neue, wenn er auf dem Brett steht. Beckna ist ein unglaublich guter Shredder und ein noch unglaublicherer Mensch.

Du hast zusammen mit Manfred Brandacher und der Zillertal Arena eine fette Session nur für die Mädels und Jungs aus dem Zillertal organisiert. Was steckte dahinter?

Was kann es Besseres geben, als eine Session mit allen Menschen aus unserem Tal, die den Sport lieben und leben, zu fahren – völlig unabhängig davon, ob sie fünfzig oder fünf sind! Uns alle verbindet das Privileg, dass wir hier im Zillertal aufwachsen durften. Die Ge- neration vor mir mit Beckna, Wolle Nyvelt, Steve Gruber und Friedl Kolar hat mich beeinflusst und meine Generation hat wiederum die heutigen jungen Shredder/innen geprägt. Es ging um den Spaß und wie er uns auf eine gute Art und Weise zusammenführt und verbindet. Um es auf den Punkt zu bringen: A Gaudi Session für unseren neuen Movie „Local Surroundings“ mit Shredden für jung und alt. [lacht]

Wie groß war für dich der Aufwand und bist du mit der Resonanz und dem Ergebnis der Session zufrieden?

Julian, unser Filmer und Mastermind und ich hatten die Idee und dann ging es eigentlich ganz schnell. Ein Anruf bei Manfred Brandacher, ein paar Gespräche und schon ging alles Hand in Hand. Ich schrieb ein kleines Konzept zum Film und zur Session, es gab ein Meeting mit dem Marketing von der Zillertal Arena und schon war alles eingetütet. Zumindest dachte ich das. Als es zum Aufbau kam, überrollte mich die Organisation der Session. Ich war völlig aufgeregt, ob der Jump funktionieren würde, das Wetter passt usw.. Ohne die Unterstützung von Brandy, Julian, dem Marketing der Zillertal Arena und allen anderen helfenden Händen, hätte ich das niemals geschafft!

Früher kam die internationale Snowboardelite aus dem Zillertal. Warum gibt es so wenig gute Nachwuchsshredder?

Zwischen den 15 bis 20-jährigen gibt es in der Tat wenig gute Shredder. Trotzdem gibt es im Tal noch relativ junge und gute Fahrer wie z.B. Nico Winkler, der 17 ist. Einer meiner Lieblingsshredder ist Georg Huber (24), er hat sich zwar nie einen großen Namen gemacht, aber ich denke einfach das es nicht jedermanns Sache ist, schon im Alter von 16 oder 17 Triple Corks zu springen. Es ist heute einfach sehr viel schwieriger geworden, an Contests erfolgreich vorne mitzufahren. Georg ist trotzdem ein wahnsinnig guter Shredder und was mir noch viel wichtiger ist, ist sei- ne echte und ehrliche Liebe zum Snowboarden.

Du hast es in den Snowboard-Olymp geschafft und hältst dich dort seit Jahren. Dein Name geht Hand in Hand mit Style und fetten Jumps. Sehen wir eines Tages auch mal einen Street-Part von dir?

Einen Street-Part werdet ihr von mir leider nie sehen. Da müsste ich schon eher in der Vergangenheit nach ein paar Shots suchen. Ich habe den größten Respekt vor Street-Fahrern und ich finde Street- Parts echt mega, aber mir macht das Rail-Fahren einfach keinen Spass. Ich ziehe jeden kleinen Pistenhügel einem Rail vor und genau das ist das Schöne am Snowboarden. Jeder kann und darf machen was er will.

Lass uns über Triples reden. Das Niveau der Kids ist gewaltig, doch so langsam haben sich all diese Triple Corks abgenutzt, wir haben uns sattgesehen und die Masse an Fahrern die Triples springt ist nicht mehr zu erfassen. Ist das wirklich die Zukunft des Snowboardens?

Die Zukunft des gesamten Snowboardens ist das sicher nicht. Aber im Contest-Zirkus wird sich noch einiges in diese Richtung weiter- entwickeln. Allerdings finde ich das alles sehr fragwürdig! An Halfpipe-Contests freut sicher jeder auf Danny Davis oder beim Slopestyle auf Sebbe de Buck, die noch geile Tricks machen und nicht nur durch die Luft zwirbeln. Vielleicht sind die Judging-Kriterien einfach nicht richtig auf unseren Sport gemünzt …

Stichwort Zukunft: Audi Nines! Das Set-up war fett, die mutmaßliche Weltelite vor Ort, aber außer Sebbe de Buck hatte dort niemand so wirklich Spass an der Skinny Bitch (Launch Pad). Ei- gentlich ein Jump wie gebaut für einen Werni Stock. Der war aber nicht da. Warum?

Ja, echt mega schade das ich nicht dabei sein konnte. Als ich den ersten Shot davon gesehen hatte, dachte ich nur WOW, ich will da hin. Ich wäre echt gerne eine Session dort mit Sebbe gefahren. Nico Zacek [Veranstalter, Anm. d. Red.] hat natürlich auch seine Kriterien, um Shredder einzuladen und ich habe dafür höchstes Verständnis. Trotzdem wäre ich wirklich gerne dabei gewesen. Das Setup sah echt spannend aus.

Werni Stock darf das Setup, den Ort und das Judging eines Contests selbst bestimmen. Was hätten wir zu erwarten?

Es wäre ein Slopestyle-Contest mit BigAir (Tech und Style), dann ein Roller für Butter und Knuckle Tricks (Kreativ und Spaß) und am Ende eine riesige Hip (Höhe und Transition). Das Ganze würde natürlich im Zillertal stattfinden und die Rider sind zugleich die Judges.

Was glaubst du muss im Zillertal geschehen, dass wieder mehr internationale Fahrer den Weg dorthin finden?

Ich finde eigentlich, dass im Zillertal recht viel passiert. Die Funparks wie Penken Park oder BetterPark Hintertux werden von Jahr zu Jahr besser. Im Herbst kommen Contest-Fahrer wie Anna Gasser, Sven Thorgren, Clemens Millauer, Mans Hedberg, Sebbe de Buck nach Hintertux und auch im Winter sind Jungs wie Torstein Horgmo, Sage Kotsenburg, Halldor Helgason, Nik Baden,usw. im Powder unterwegs.

Werni Stock Zillertal
Nicht nur Torstein war im Zillertal powdern. Auch The GOAT of the Zillertal hat ein paar Lines gefunden. Foto: Patrick Steiner

Mit den M-Town Riders kommen wieder viele Zillertaler Kids auf’s Snowboard. Wie wichtig ist der Club?

Als ich mit den Kids unterwegs war, sind wir einfach zusammen Fahren gegangen, was brutalen viel Spaß gemacht und uns allen einen mega Tag im Penken Park beschert hat. Was die M Town Riders machen ist einfach mega! Es gibt nichts Besseres, als sich um die Kids zu kümmern und mit ihnen einfach Snowboarden zu gehen. Die Kids wollten von mir damals halt leider fast nur Backflips sehen [lacht]. Aber eins ist gewiss: Diese Crew wird‘s noch sowas von krachen lassen, was genau der richtige Weg ist, um die Kids wieder auf’s Brett zu bringen.

Du stehst wieder am Anfang deine Karriere. Welche Entscheidungen würdest du anders treffen?

Ich habe mir definitiv einige Fehler und falsche Entscheidungen geleistet, aber rückblickend ist das immer leicht zu sagen. Ich bin mega dankbar wie bisher al- les für mich gelaufen ist, darum würde ich genau wieder diesen Weg gehen!