Eine junge Familie kauft sich einen alten Bus, lässt alte Gewohnheiten zurück, heißt das Abenteuer und ein paar Snowboarder willkommen: Das ist „In Gora“.

Viele Menschen träumen davon sich selbst zu verwirklichen. Sich ihre eigene Welt zu erschaffen, in der sie glücklich leben können. Aber es ist ein großer Unterschied, ob man seine Träume träumt oder sie tatsächlich versucht umzusetzen. Tim und Val haben ihren Traum Wirklichkeit werden lassen und einen ausrangierten amerikanischen Schulbus zu ihrem Zuhause ausgebaut und sind nun schon seit über drei Jahren on the road. Mit ihrer Tochter Fenna, die ungefähr genauso alt ist wie die drei nun schon unterwegs sind, ist ihr Zuhause inzwischen ein rollendes Hostel geworden, in dem man gemeinsam mit der Familie auf Reisen gehen kann. So auch vergangenen Winter, als Janne Lipsanen, Thomas Delfino und einige weitere Picture-Teamrider in den Bus zu Tim, Val und Fenna stiegen, um durch das winterliche Europa zu touren.

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Nachdem Tim die Uni abgeschlossen hatte, stand für ihn fest, dass er keinen seriösen Job annehmen konnte, sondern sein Glück woanders finden wollte. Gemeinsam mit Freundin Val reifte die Idee einen alten Schulbus zum Zuhause umzubauen und sich für unbestimmte Zeit auf die Reise zu begeben. Mit der Weitsicht ihre Passion mit anderen Gleichgesinnten zu teilen, bauten sie ihren Bus so aus, dass bis zu acht weitere Personen in ihrem rollenden Zuhause mit auf Reisen kommen können. Der Bus, der perfekte Ort, um aus der Schnelllebigkeit unserer Konsumwelt zu entfliehen und einzigartige Abenteuer zu erleben. Diese Geschichte erzählt ein vierwöchiges Abenteuer, das die Familie mit dem Picture-Team erlebte, während sie durch das tiefverschneite Europa über eine Strecke von 6.000 km von Belgien bis in den Balkan tourten.

Am Arlberg

Als der Bus Deutschland durchquert hatte, stiegen die Picture-Fahrer nach und nach zu, mit dem Ziel Arlberg vor Augen, wo sie schon Local Thomas Feurstein erwartete. Die Bedingungen waren allerfeinste Sahne, denn der anhaltende Schneefall tauchte die Umgebung des Tiefschneemekkas in eine tiefverschneite Landschaft. Nach einem gemütlichen ersten Abendessen merkte die neue Großfamilie, dass die Chemie zwischen ihnen passte und mit ihr die Basis für eine außergewöhnliche Reise geschaffen war. Müde von der Anreise und gutem Rotwein, krochen Gäste und Gastfamilie in ihre Betten und löschten das Licht. Der nächste Morgen begrüßte die Busnomaden mit Pulverschnee, der in der Morgensonne glitzerte und danach schrie von Brettern zerpflügt zu werden. Keine Frage, nach dem Frühstück ging es direkt los auf den Berg und hinein in die endlosen Tiefschneefelder des Arlbergs. 30 cm Neuschnee und Blue Bird waren die perfekte Motivation, um ein paar Lines durch das Pulver zu ziehen und jedes in Reichweite liegende Cliff zu droppen. Das Wetter war gut, der Schnee fluffy und die Crew in bester Stimmung. Als Local kennt Thomas Feurstein den Arlberg bestens und zeigte seinen Teamkollegen und Tim wie sich gutes Powder Riding hier in den österreichischen Alpen anfühlen kann. Nachdem die unverspurten Hänge den vielen Runs zum Opfer gefallen waren, war es an der Zeit eine Cheesewedge für mehr Airtime zu schaufeln. Dieser erste Tag am Arlberg war ein perfekter Einstand für diesen Trip und die Stimmung abends im Bus beim Kochen bestens.

Am nächsten Tag stand Kickern auf dem Programm. Der Spot, an welchem die über Nacht geeiste Cheesewedge wartete, war vom Bus aus mit einem kurzen Hike zu erreichen. Unter dem Lachen der Sonne schmissen sich die Jungs mit allen möglichen Tricks über die Abschußrampe, um sie anschließend wieder hoch zu hiken, für den nächsten Flug. Als die zerfahrene Landung die Session beendete, hatten Thomas, Janne und Local Thomas Feurstein noch genug Saft in den Beinen, um ein paar Cliffs und kurze Lines zu bearbeiten. Was ein Tag!

Familienzuwachs auf dem Pass

Abends setzte Schneefall ein und es war an der Zeit, den Bus zu starten, die Türen zu schließen und weiterzuziehen. Doch noch auf dem Arlbergpass streikten die Bremsen und der Bus musste anhalten. Vidar, ein norwegischer Mechaniker, war Gott sei dank als Begleiter mit auf dieser Reise. Er hatte Tim kontaktiert, nachdem er im Internet mitbekommen hatte, dass Tim den Bus umbauen wollte und fragte, ob er nach Belgien kommen sollte, um bei dem Projekt zu helfen. Aus einem unbekannten Mechaniker wurde schnell ein Freund und bald ein Familienmitglied, dessen technisches Geschick und Improvisationstalent fast aus jeder verzwickten Lage half. Seine Dienste auf diesem Trip sollten unverzichtbar werden. Während drinnen im Bus gegessen und Karten gespielt wurde, reparierte Vidar draußen in der finsteren Nacht im Schneetreiben mühselig die Bremsen, sodass nach ein paar Stunden die Fahrt fortgesetzt werden konnte.

Das Ziel befand sich direkt auf der anderen Seite der Passstraße. Die Wolken hingen tief und die Wettervorhersage zeigte weitere Schneefälle an. Die Lösung hieß Treeruns shredden, bis sich nach zwei Tagen die Berge über den Wolken von ihrer Schokoladenseite zeigten. Strahlend blauer Himmel, unberührte Tiefschneehänge, die im Wolkenmeer endeten, schenkten den Busnomaden einen letzten großartigen Tag in Österreich. Mat Schaer war in der Zwischenzeit für ein paar Tage als weiterer Gast im Bus aufgenommen worden, für den dieser traumhafte Tag über den Wolken auch schon wieder der letzte mit den Busnomaden war. Mat, aber auch die anderen, ließen an diesem Tag keinen Spray, keinen natural Hit und kein Tiefschneefeld aus. Abends war es an der Zeit Mat und Thomas Adieu zu sagen und die müden Beine auf der Weiterfahrt zu entspannen.

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Auf nach Slowenien

Es war an der Zeit Österreich den Rücken zu kehren und nach Slowenien aufzubrechen. Dort wartete Luka Podlogar auf die Nomaden, um ihnen sein Home Resort, den Vogel, vorzustellen. Bei der Ankunft am Vogel bereitete der Motor Vidar große Sorgen. Ein Verbindungsteil schien kaputt zu sein, ohne dessen Auswechslung an eine Weiterfahrt nicht zu denken war. Aber das Etappenziel war erreicht und nach einer Nacht Schlaf war es an Luka, der Crew das Potenzial seines Skigebiets zu zeigen, in dem er aufgewachsen war.

Die Liftfahrt nach oben durch die schleierhaften Wolkenbänder und die weiß vereisten Bäume hatte etwas Mystisches und ließ erahnen, dass eisige Winde den Neuschnee davongeblasen und alles Liegengebliebene festbetoniert hatten. Die einzige Chance guten Schnee zu finden waren windgeschützte Mulden. Die vom Wind komprimierte Schneedecke war ein wirklicher Bastard, denn über ihr lagen wenige Zentimeter frischer Schnee, der die Hänge verlockend pulvrig erscheinen ließ, aber der Schein war trügerisch! Es dauerte eine ganze Weile und viele Slams auf eisigem Untergrund, bis Thomas und Janne das Gelände richtig einschätzen konnten. Dank Luka fanden die Jungs dann letztlich doch noch einen windgeschützten Hang mit Hip-artigen Windlips und Drops, wo sie sich austoben und mit ihren Lines bis zum nächsten Schneesturm verewigen konnten. So schwierig der Tag begonnen hatte, so glücklich waren alle, dass sie doch noch gute Bedingungen gefunden hatten. Bei einem Feierabendbier auf der Sonnenterrasse des Bergrestaurants, wurde der erfolgreiche Tag mit breitem Grinsen und einer herrlichen Aussicht über die slowenische Bergwelt begossen.

Zurück im Tal, holte die Jungs die Realität ein. Vidar hatte akribische Recherche betrieben, um ein Ersatzteil für den Motor zu besorgen, aber es würde ein paar Tage dauern, bis sie dieses hoffentlich bekommen würden. Zudem schlug das Wetter um und für die kommenden Tage schien es unmöglich zu sein auf den Berg zu fahren. Aber Tim, Val, Fenna und ihre Gäste schien nichts aus der Ruhe zu bringen und die Stimmung blieb gut. Es wurde gekocht, gespielt und der Spielplatz neben dem Busparkplatz direkt an einem See zum Playground mit Absprüngen und Landungen umfunktioniert. Dank Bungee-Seil zimmerte Janne ein paar Backflips und Onefoots über ein Obstacle an einer Statue, während Thomas Fs Inverteds bevorzugte. Die Vibes waren gut und man konnte fast den Grund vergessen, warum sie hier am Ufer des Sees verharrten. Es dauerte tatsächlich mehrere Tage, bis der Bus wieder ansprang und die Großfamilie ihre Reise fortsetzen konnte.

Nächster Stopp: Bulgarien

Als nächstes Ziel stand Bulgarien an. Die lange Fahrt durch Kroatien und Serbien zeigte den Nomaden, die hinter den Scheiben die vorbeiziehende Landschaft beobachteten, wie vielfältig Europa doch ist und wie unterschiedlich die Menschen und ihre Kulturen. Das Wetter war gut und die Sonne warm, was den Weg zum Ziel werden ließ. Draußen unter tiefblauem Himmel vor dem Bus kochen, oben auf dem Busdach in der Sonne chillen, skaten, Land und Leute kennenlernen – das Leben als Busnomade fühlte sich gut an!

„Ich hatte keine Erwartungen an den Trip, außer, dass ich dachte, dass es bestimmt großartig werden würde. Ich war nur skeptisch, ob wir zu zehnt in dem Bus genügend Platz haben würden und wie es mit den Skifahrern so laufen würde. Ich war noch nie mit Skifahrern auf einem Trip, aber die Jungs sind super und haben die gleiche Leidenschaft für Schnee wie wir Snowboarder. Wir hatten bisher viel Spaß zusammen am Berg und alles läuft bestens.“ – Janne Lipsanen

In Bulgarien wartet Coline Ballet-Baz auf den gelben Bus und seine Insassen. „Coco“ lotste den Bus nach Bansko, wo sich der Prin National Park befindet. Die Bedingungen dort waren leider bescheiden und nach einem Tag Mini-Shred und der Erkenntnis, dass sich Bulgarien im Umbruch befindet und der neue Wohlstand Bansko von einem Bergdorf in ein bulgarisches Las Vegas verändert hatte, fuhr der Bus weiter nach Belmeken. Belmeken liegt im Nirgendwo, fühlt sich aber wie der Mittelpunkt der Erde an. Die hügelige Landschaft mit ihren endlosen Wäldern und Seen zog die Ankömmlinge in ihren Bann. Der Ort erdet, lässt einen ankommen, obwohl es nichts außer purer Natur gibt. Es war an der Zeit, die Splitboards auszupacken, ein paar unvergessliche Touren zu gehen und zu realisieren, dass es nicht viel braucht, um glücklich zu sein. Ein Lagerfeuer unterm Sternenhimmel nach einer Splitboard-Tour, eine Gitarre und Menschen, mit denen man gemeinsam diese intensiven Momente genießen kann, reicht aus, um Instagram, Smartphones und Status völlig zu vergessen.

Mazedonien

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Rila Monastrey, einem Kloster, welches in vergangenen Tagen eine wichtige Rolle spielte, ging die Reise weiter in ein kleines Skigebiet namens Porova Shapka in Mazedonien. Das Gebiet erinnert an die Sechziger. Am Pistenrand werden alte Skier und Schlitten vermietet. Unsere Nomaden fallen auf und werden zum Magneten und Attraktion, als sie am Pistenrand eine 3er-Minishred-Line bauen und diese mit Backflips und anderen Spielerein bearbeiten. Alle Kids wollen zuschauen, sich mit den Jungs fotografieren und sich auch mal auf dem Snowboard probieren. Der Kontrast zu Belmeken könnte nicht größer sein, aber unseren Nomaden geht das Herz dabei auf, als sie sehen, welche Freude und Glückseligkeit sie mit ihrem Snowboarden bei den Kids in Porova Shapka hervorrufen.

„Dieser Tag war für mich das schönste Erlebnis auf dieser unglaublichen Reise. Es ist ein unglaubliches Gefühl durch den Schnee den Berg hinunterzugleiten, aber diese Kids heute auf das Brett zu stellen, war einfach großartig. Die hatten noch nie die Möglichkeit so etwas auszuprobieren und anschließend ihre strahlenden Gesichter zu sehen, war einfach unglaublich erfüllend.“ – Thomas Feurstein

In den Bergen von Bogicevica

Der letzte Stopp auf diesem einmonatigen Trip lag im Herzen des Balkans zwischen Mazedonien, Albanien und dem Kosovo. In den Bergen von Bogicevica warteten die Locals auf den Bus, um ihnen ihr Resort zu zeigen. Mit mittelalterlichen Snowboards nahmen sie Janne und die restliche Crew mit in ihr Gebiet. Es handelte sich um eine Bowl, die man nach einem dreistündigen Hike erreichte, um in wenigen Momenten und ein paar Turns später wieder unten zu sein. Wie viel Leidenschaft für Snowboarden mussten diese Jungs besitzen, dass sie hierher kommen, um das Gefühl vom Gleiten auf Schnee erleben zu können? Alles, was sie über Snowboarden wussten, hatten sie aus dem Internet und natürlich waren sie an diesem Tag die glücklichsten Menschen, dass sie ihren Spot mit den Busnomaden teilen konnten. Als Dankeschön bauten alle zusammen einen Banked Slalom mit mehreren Steilkurven und ein paar Minishred-Kickern. So etwas war hier noch nie jemand gefahren, aber nach einigen Slams bekamen die Locals den Dreh raus, wie sie sich durch die Kurven pushen mussten und wie man die Kompression eines Kickers unter Kontrolle bekommt. Die Session dauerte bis in die Dunkelheit, gefolgt von ausgelassener Freude vor der Hütte, in der in dieser Abgeschiedenheit alle zusammen übernachteten. Der Blick aus dem Fenster am nächsten Morgen war wie ein Geschenk Gottes, denn es hatte über Nacht Neuschnee gegeben und der Himmel war blau. Gemeinsam mit ihren neuen Freunden hikten die Nomaden die Bowl hinauf, um ein paar letzte unvergessliche Turns durch den Tiefschnee zu ziehen, bevor nach einem Monat das Abenteuer „In Gora“ zu Ende ging.

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