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Interview mit Yannic Sieben, Air+Style-Marketing-Direktor

Yannic Sieben | © Air + Style
Yannic Sieben | © Air + Style

Kurz zu dir, Yannic. Wie bist du ins Headquarter des Air+Style gekommen?
Ich habe 2010 ein Praktikum hier gemacht, das war das erste Jahr, in dem Peking als Stopp dazugekommen ist. Damals gab es auch noch das Event in München, das wir zusammen mit Nike veranstaltet haben. Seitdem bin ich Schritt für Schritt intern weitergekommen und heute der Marketing-Director für Europa und Asien geworden. Ich bin also für alles zuständig, was mit Marketing, Kommunikation und Vermarktung der beiden Events in Innsbruck und Peking zu tun hat. Darüber hinaus arbeite ich – seit wir vor drei Jahren von Shaun White übernommen worden – natürlich eng mit dem Team in den USA zusammen und helfe bei der Entwicklung unserer globalen Strategien mit.

Gehört dazu auch, dass die Anzahl der Bands deutlich erhöht wurde?
Ja, vor zwei Jahren haben wir mit dem ersten Event in L.A. angefangen, den Air+Style von einem Snowboardcontest mit Musik dahingehend auszubauen, dass er nun eher den Charakter eines Festivals annimmt. Bei diesem ersten Stopp in L.A. hatten wir an zwei Tagen mehr als zwanzig Bands. Dieses Konzept hat sich bewährt, um auch weiterhin immer mehr Zuschauer anzuziehen und diese Zuschauer dem Snowboard- Sport näherzubringen. Über die Musik schaffen wir es, eine ganz andere Zielgruppe zu erreichen, die keinen direkten Bezug zum Snowboarden habt. Viele kommen sogar zum ersten Mal mit Snowboarden in Kontakt. Dieses Konzept fahren wir auch in Peking, zwar nur an einem Tag, aber es werden vier Bands auftreten und der Contest-Teil wird weiter ausgebaut. Auch in Innsbruck wird das Event zwei Tage dauern, mit 16 Live-Bands und DJs, das heißt auch hier werden wir den Festival-Charakter stärken und forcieren.

Abgesehen von der Musik, welche Veränderungen erwarten uns noch?
In dieser Saison haben wir 30 Fahrer dabei statt 24 wie im letzten Jahr, aber die größte Veränderung wird es am 3. und 4. Februar in Innsbruck geben. Zum ersten Mal in der Geschichte des Air+Style werden Frauen an den Start gehen. Innsbruck wird quasi der Test, wie die Frauen mit den Gegebenheiten unserer Rampe klarkommen. Das Level der Big Air-Damen hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und wir werden uns in Innsbruck so viel Feedback wie möglich einholen, da unser Ziel natürlich ist, die Frauen in den kommenden Jahren auf allen unseren Stopps an den Start zu bringen.

Warum hat es so lange gedauert, bis auch Frauen eingeladen wurden?
Es war natürlich immer ein Thema, Fahrerinnen zu integrieren, nicht nur intern, sondern wir wurden auch direkt angesprochen und gefragt, wann es endlich soweit sei. Es gab zwar vor einigen Jahren auch schon Frauen, die die Rampe springen konnten, aber nicht in dieser großen Anzahl wie heute. Wir starten 2017 zunächst mit acht Fahrerinnen, aber auch das soll weiter ausgebaut werden. Die acht Mädels, die jetzt dabei sind, werden sehr gut performen und uns und den Event als Ganzes ein großes Stück weiterbringen.

Wie wählt ihr eure Startliste aus?
Wir laden die Fahrer ein, haben aber unser System ein wenig angepasst und gehen auch nach nationalen Wertungen. Das bezieht sich im Moment noch nur auf die Männer – bei den Frauen ist es einer Invitational. Bei den Jungs zählt also auch die World Snowboarding Points List. Sie werden zwar immer noch eingeladen, aber die Einladung erfolgt auf Basis der Erfolge aus anderen Contests. Dieses Jahr beginnen die Olympia-Qualifizierungen und die Pros, die zu den Olympischen Spielen fahren wollen, müssen zusehen, die nötigen Punkte zu sammeln.

Wo positioniert sich der Air+Style in diesem Konstrukt aus TTR und FIS?
Wir sind noch immer eine Independent Tour, aber es ist kein Geheimnis, dass wir mit beiden Verbänden eng zusammenarbeiten. Das große Ziel ist es, die Snowboard-Welt lieber früher als später zu vereinen, sonst wird der Sport immer darunter leiden, dass es zwei Verbände gibt, die in zwei verschiedene Richtung gehen, nur weil sie nicht miteinander können. Es ist schwierig vorherzusagen, wie sich das Ganze entwickeln wird, aber ich kann schon jetzt sagen, dass nach den Olympischen Spielen 2018 eine große Gesamtlösung auch von uns angestrebt wird. Bis dahin werden wir weiter intensive Gespräche führen und versuchen, für den Snowboard-Sport als auch für uns vertretbare Schritte einzuleiten, die am Ende allen zugute kommen.

Gibt es Überlegungen, das Format wieder kreativer zu gestalten und weitere Features zu integrieren oder bleibt es ein reiner Big Air?
Hauptdisziplin wird immer der Big Air bleiben. Je nach Location und Bedingungen vor Ort könnten weitere Features integriert werden, das wäre für die Zuschauer sicher spektakulärer und interessanter und auch für die Fahrer gut, nicht nur ihre Fähigkeiten auf der Rampe, sondern auch auf Rails oder ähnlichen Features zeigen zu können. Aber in erster Linie sind wir ein Big Air, das ist es, worauf wir uns immer konzentrieren werden. Falls doch einmal das nötige Kleingeld übrig bleibt, werden wir sicher überlegen, ob das Setup nicht ausgebaut werden könnte. In L.A. hatten wir letztes Jahr aber zum Beispiel 30° C, was es uns schon schwer genug machte, das eine Feature zu erhalten.

Was sagen denn die Fahrer selbst, wünschen die sich weitere Features?
Für die Mehrheit der Fahrer ist es tatsächlich in erster Linie wichtig, dass der Sprung passt. Ob und wie weitere Obstacles dabei sind, spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle.

Warum eigentlich gerade Los Angeles? Es gibt ja doch die ein oder andere Stadt, die es euch vom Wetter her um einiges einfacher machen würde.
Da gibt es eine ganz einfache Erklärung [lacht]: L.A. ist Shauns Heimat und es war sein großes Anliegen, das Event dorthin zu bringen und das hat er rigoros durchgezogen.

Wie viel hat sich verändert, seit Shaun an Bord ist?
Es gab schon einige Änderungen. Etwa die Entwicklung, über die wir vorhin bereits gesprochen haben, hin zum einem Festival mit Snowboarden. Das ist sicher die größte Änderung, die nach außen hin sichtbar wird. Mit L.A. als drittem Stopp sind wir ja zu einer Mini-Tour geworden, was ganz andere Vermarktungsmöglichkeiten als zuvor bietet. Es dauert natürlich eine Weile, bis sich die neugebildeten Teams aufeinander abgestimmt haben und bis sich auch die Tour positionieren kann. Wir sind jetzt in unserer dritten Saison und unsere Arbeit beginnt Früchte zu tragen. Wir wollen natürlich nicht stehenbleiben, sondern werden weitergehen und immer für neue Ideen und Möglichkeiten offen bleiben.

Der Air+Style ist im Snowboarden fest verankert und ein Traditions-Event. Aber natürlich gibt es viele, die die Anfänge nicht mehr mitbekommen haben und mit dem „neuen“ Event aufwachsen. Worin siehst du das Erfolgsrezept und die Faszination für diesen Event?
Grundsätzlich hat die Tradition einen recht großen Einfluss auf den Erfolg des Events. Es gibt immer wieder Big Airs, die ein ähnliches Konzept wie wir verfolgen, sich aber nicht halten können. Ich glaube, wenn man eine Geschichte und Verwurzelung wie wir hat, bekommt man leichter die nötige Glaubwürdigkeit attestiert, die für den Erfolg wichtig ist. Darüber hinaus hat der Air+Style sich nie davor gescheut, neue Wege zu gehen. Es ist das große Vermächtnis von Andrew [Hourmont, Gründer des Air & Style; Anm. d. Red.], auch dann Wege weiterzugehen, wenn es viel Gegenwind gibt. In Innsbruck zum Beispiel zeigt sich das an der Entscheidung, aus dem altehrwürdigen Bergisel-Stadion auf das Gelände der Olympiaworld zu ziehen. Das hat natürlich einigen nicht gefallen, war aus unserer Sicht aber nötig, um den Platz für das Rahmenprogramm zu haben und wieder mehr Leute anzuziehen. Snowboarden ist nun mal nicht mehr da, wo es Ende der 90er war und es ist an Events wie uns, neue Wege und Lösungen zu finden, wieder mehr Leute zum Snowboarden zu bringen.

Danke für das Gespräch!

aus: Prime Snowboarding Magazine #08