Es gibt aber noch mehr, was Chemnitz von den bekannten Hot Spots in Europa unterscheidet. Durch die hügelige Landschaft braucht es hier so gut wie keine motorisierten Winches. Aufgeschüttete Speed-Bumps reichen meistens völlig aus. Das erleichtert vieles und man fällt nicht so schnell auf. Zum anderen gibt es komplett unberührte Zonen, in denen noch kein Snowboarder war. Spots, die nicht schon unendlich viele Male gefilmt und fotografiert wurden. Das war gleichzeitig aber auch etwas, was viel Zeit kostete. Denn durch den Umstand, dass das Vans-Team schon so lange an seinem Projekt arbeitete, waren viele Tricks bereits von der Liste gestrichen. Nun galt es, für die noch ausstehenden Tricks die passenden Spots zu finden. In einer Umgebung, die so viele Möglichkeiten bietet, erforderte das langes Herumfahren und Auskundschaften. Kein Job, der einem immer leicht von der Hand geht. Besonders, wenn man den ganzen Tag schon gefilmt hat, durchgefroren ist und sich nach einer Pause sehnt.

Auch Benny war von der Architektur des Ostens begeistert: Frontside Bluntslide 270° into bank | © Cole Martin
Auch Benny war von der Architektur des Ostens begeistert: Frontside Bluntslide 270° into bank | © Cole Martin

Ein weiterer Unterschied zwischen den USA und Deutschland, mit dem sich die vorwiegend amerikanische Crew auseinandersetzen musste, war die Tatsache, dass es nicht an jeder Ecke die vertrauten Fast-Food-Restaurants und Einkaufszentren gab. In den Staaten macht es oftmals in dieser Hinsicht keinen großen Unterschied, wo man sich befindet, einen 7-Eleven oder die bekannten Restaurant-Ketten findet man überall. Nicht so in Chemnitz. Wie auch im Rest von Deutschland, sind auch hier besonders die Bäckereien beliebt. Völliges Neuland für die Jungs. Was soll man da essen? Was zur Hölle ist eine Leberkäs-Semmel? Benny nahm auch hier seine Rolle als Guide ernst und trug dafür Sorge, dass alle etwas zu essen bekamen und einigermaßen verstanden, was sie da in den Händen hielten. Am Ende waren sich alle einig, dass diese Reise nach Ostdeutschland ein voller Erfolg war. Schaut man sich die Fotos an wie auch die Shots im Film an, kann man dem nur zustimmen. Es hat sich gelohnt, aus der vertrauten Umgebung auszubrechen, über den Tellerrand hinauszublicken und sich auf eine Stadt einzulassen, die – zumindest für Snowboarder – mehr oder weniger Neuland ist.

Jake Kuzyk | © Cole Martin
Jake Kuzyk | © Cole Martin

Deutschland: Neuer Street-Hot Spot?

Zum Schluss bleibt die Frage, ob wir nun davon ausgehen können, in den nächsten Jahren einen Run von Film-Crews aus der ganzen Welt auf deutsche Großstädte im Osten zu erleben? Die Antwort ist Nein. Auch wenn wir hier bei uns einige architektonisch spannende Städte haben, bleibt doch der Winter die am Ende entscheidende Kraft. Vielleicht wird sich die ein oder andere europäische Crew, die keine allzu weite Anreise hat, auf einen Kurztrip nach Deutschland begeben, aber sicher nicht die große Mehrheit. Es sei denn, und das wäre natürlich eine verdammt gute Sache, die nächsten fünf Winter in Folge werden so kalt und so niederschlagsreich, dass wir über mehrere Monate am Stück Schnee in den Städten haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert ist mehr als gering. Deshalb können wir uns umso mehr darüber freuen, dass es dieses Mal geklappt hat und wir euch diese Geschichte eines ungewöhnlichen Trips in den Osten Deutschlands erzählen konnten.

Aus: Prime Snowboarding Magazine #12