Der norwegische Nitro-Fahrer ist einer der talentiertesten Nachwuchsfahrer, die es in Europa in den vergangenen Jahren geschafft haben, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Marcus Kleveland ist der jüngste Fahrer, der bis heute einen Triple Cork landen konnte und zählt ebenfalls zur noch sehr überschaubaren Gruppe derjenigen, die einen Quad Cork beherrschen. Doch neben diesen „Rekorden“ fällt Marcus besonders durch seine Flips und Spins in Minishred-Manier auf. Auch wenn er die Airtime der großen Kicker liebt und genießt, macht es ihm ebenso viel Spaß, Knuckles und Pistenkanten oder auch einfach die flache Piste mit Tricks zu versehen, bei denen einem oftmals schlicht der Mund offen stehenbleibt. Es sieht so aus, als ob er spielerisch den Ernst der großen Contests mit dem puren Spaß am Snowboarden verbindet. Und wenn so die Zukunft des Snowboardens aussieht, sind das doch keine schlechten Bedingungen, oder nicht?

Marcus, du stehst schon eine Weile auf dem Brett. Kannst du dich noch an deine Anfangszeit erinnern? Gab es jemanden, der dich zum Snowboarden gebracht hat? Es ist wirklich schon eine ganze Weile her und so genau kann ich mich auch nicht mehr daran erinnern. Ich bin mit drei Jahren zum ersten Mal auf einem Snowboard, gestanden, da ich total auf „Shaun Palmer’s Pro Snowboarder“ auf meiner Ps1 abgefahren bin. Ich wollte wohl unbedingt das aus dem Videogame nachmachen. Zumindest ist das die Geschichte, die man mir erzählt hat [lacht].

Wie war das bei dir, gab es viele Freunde, die zur gleichen Zeit angefangen haben zu fahren wie du? Im Winter 2002/03, als ich zum ersten Mal auf diesem Brett im Schnee stand, gab es eine Menge anderer Leute, die auch gerade anfingen, darunter auch ein paar meiner Freunde. Den größten Einfluss hatte jedoch meine ältere Schwester auf mich. Die konnte schon fahren und so war es wohl gar keine Frage, dass ich das auch unbedingt können wollte. Sie hat mich inspiriert, motiviert und immer wieder gepusht.

Foto © Matt Pain | Bs 540° Mute | Perisher, AUS
Foto © Matt Pain | Bs 540° Mute | Perisher, AUS

Wer waren die Pros, zu denen du als junger Steppke aufgeblickt hast? Es ist schwer, mich wirklich an einzelne Pros zu erinnern, da ich einfach noch so jung war. Aber Shaun Palmer wird wohl einer davon gewesen sein!

Du hast sehr schnell großes Talent bewiesen. Das kann nicht lange unbemerkt geblieben sein. Wann wurde die Industrie zum ersten Mal auf dich aufmerksam? Das war 2008. Wir hatten ein eigenes Video gemacht und auf Youtube gestellt. Es hat gar nicht so lange gedauert, bis sich im Zuge dessen Nitro bei uns meldete und Interesse an mir zeigte. Im gleichen Jahr kamen auch Volcom und Electric dazu. Alle drei Sponsoren unterstützen mich auch heute noch und ich bin froh, Teil der Teams zu sein.

Trotz allem Talent war bestimmt auch ein Quäntchen Glück dabei, dass du so schnell Sponsoren gefunden hast, die dir die nötige Unterstützung bieten konnten. Andere haben es da schwerer. Gibt es genügend Unterstützung für junge Fahrer, die es im Contest-Snowboarden zu etwas bringen wollen? Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich von meinen Sponsoren bekomme. Aber ich glaube nicht, dass man unbedingt Sponsoren braucht, um ein guter Snowboarder sein zu können oder Spaß zu haben. Ich denke, das liegt einzig und alleine an einem selbst, an keinem anderen. Ich habe manchmal das Gefühl, das zu viel darüber gesprochen wird, ob und wie man gesponsert werden kann. Das Wichtigste ist doch einfach, rauszugehen und Spaß zu haben.

Foto © Markus Rohrbacher | Method | Stubaier Gletscher, AT
Foto © Markus Rohrbacher | Method | Stubaier Gletscher, AT

In den letzten Jahren haben wir vermehrt erlebt, wie sehr junge und extrem talentierte Fahrer immer wieder mit ihrem beinahe surreal hohen technischen Level für Furore gesorgt haben. Auch du gehörst in diesen Kreis, bist der jüngste Fahrer, der je einen Triple Cork gelandet hat, auch den Quad hast du in der Tasche. Kann das ohne spezielles Training wirklich funktionieren? Ich habe nie speziell für etwas trainiert. Mein größtes Anliegen ist es tatsächlich, Spaß an der Sache zu haben. Wenn ich snowboarden gehe, dann weil ich Lust dazu habe. Bin ich auf dem Trampolin, dann nur weil es mir gefällt. Gleiches gilt fürs Skateboarden und alles andere, was ich mache. Natürlich hilft das Trampolinspringen dabei, ein Gefühl für Drehungen und Flips aller Art zu bekommen, keine Frage. Aber ich benutze keine Schnitzelgruben oder sonstige Trainigseinrichtungen. Ich verbringe so viel Zeit mit Snowboarden, wenn überhaupt kann man das als mein Training bezeichnen.

Du fährst regelmäßig bei Contests mit, egal ob Slopestyle oder Big Air. Was macht dir am meisten Spaß? Ich mag beide Formate sehr gerne. Beim Big Air bin ich im Moment besser, aber was mir am Slopestyle gefällt, ist, dass man in seinen Runs wirklich kreativ werden kann.

Du hast ja bereits einige Jahre Erfahrung mit Contests. Was hat sich verändert? Es macht immer noch sehr viel Spaß, aber gleichzeitig wird es auch immer ernster. Das Level ist in den letzten Jahren sehr gestiegen, die Tricks sind technischer und anspruchsvoller geworden, das macht die einzelnen Contests jedoch umso spannender.

Würdest du an den Contest-Formaten gerne etwas ändern? Nein, ich finde, wir haben im Moment viele unterschiedliche Slopestyle-Formate und auch nicht jeder Big Air ist gleich. Es ist gut so wie es jetzt gerade ist.

Deine eigenen Videos zeigen dich oft dabei, wie du unglaubliche Spins über einen Knuckle, aus einem Carve oder auch einfach nur im Flat machst. Nimmst du diese Kreativität auch in deine Contest-Runs mit? Da hätte ich auf jeden Fall große Lust dazu! Wenn ein Kurs so gemacht ist, dass man solche Tricks einbinden kann, würde ich es definitiv tun. Einfach nur zum Spaß und um Abwechslung hineinzubringen.

Was ist die größte Veränderung für dich, seit du professionell Snowboard fährst? Ich kann genau das tun, was ich liebe. Nicht nur nach der Schule oder am Wochenende, sondern beinahe die ganze Zeit. Und vielleicht werde ich sogar einmal dafür bezahlt! Ich liebe mein Leben wie es jetzt gerade ist, auch wenn viel harte Arbeit dazugehört. Nicht das Snowboarden an sich, aber alles, was an Verpflichtungen dazukommt, kann mitunter schon sehr kräftezehrend sein.

Du hast dir eine große Fangemeinde aufgebaut, die deine Karriere und was du sonst so alles treibst verfolgen. Wie fühlt sich das an? Ich freue mich darüber, so coole Follower zu haben. Ich habe gerne Kontakt mit Leuten und von denjenigen, die mir in den verschiedenen Netzwerken folgen, lasse ich mich immer wieder inspirieren, neue Sache auszuprobieren und kreativ zu werden. So bleibt die Sache auch für mich spannend.

Neben all der Bekanntheit und deinem Dasein als Pro, musst du dennoch die Balance zwischen Schule und Snowboarden finden. Wie machst du das? Im letzten Jahr war es nicht einfach, da ich viele Wochen am Stück unterwegs war und insgesamt mehrere Monate gefehlt habe. Dieses Jahr habe ich ein ganzes Jahr Auszeit von der Schule genommen. Ich werde sehen, wie das läuft, im Moment lege ich einen sehr starken Fokus auf Snowboarden, aber allzu sehr darf man die Schule auch nicht vernachlässigen.

Lass uns einen Blick in die Zukunft wagen: Bisher wurden unsere Vorstellungen von dem, was möglich ist, zwar jede Saison aufs neue übertroffen, aber irgendwann muss doch ein Punkt kommen, an dem die Physik an die Tür klopft und Stopp sagt, oder? Glaubst du, dass die Tricks noch größer werden oder ob es vielleicht sogar einen Punkt gibt, an dem die Tricks auch an Contests wieder kleiner werden? Das ist wirklich eine schwierige Frage. Es stimmt, so oft haben wir schon gesagt: Mehr geht jetzt aber wirklich nicht mehr. Und ein paar Monate später hat dann doch wieder jemand noch einen draufgesetzt. Was die Corks angeht, haben wir meiner Ansicht nach die Grenze des Möglichen erreicht. Ich glaube nicht, dass mehr als ein Quad möglich ist. Aber es gibt noch so viele Möglichkeiten, mehr Grabs in einen Trick zu bringen und besonders den Style zu verbessern und zu verstärken. Ich denke, mit dem technischen Level, das wir jetzt bei den Tricks erreicht haben, haben wir eine gute Grundlage, um in den nächsten Jahren den Fokus wieder mehr auf Style und Kreativität zu legen und alles aus ihnen herauszuholen. Es gibt noch viel zu tun! [lacht]

Du bist ja nun wirklich im Snowboarden dabei, dennoch stehst du noch am Anfang deiner Karriere. Welche Wünsche und Ziele hast du für deine Zukunft, was möchtest du erreichen? Ich möchte vom Snowboarden leben können und auf jeden Fall einige der großen Contests gewinnen. Aber ich werde nie meine Liebe für Snowboarden aufs Spiel setzen. Der Spaß an der Sache soll immer der wichtigste Teil des Ganzen bleiben. Mein Brett zu schnappen, mit Freunden auf den Berg gehen und eine gute Zeit haben, das werde ich mir immer beibehalten.

Ein gutes Schlusswort. Danke für deine Zeit!

Rider-Infos

Board 149 & 151
Boots 43 (EU)
Stance Goofy
Winkel +15 / -15
Geboren am 24.04.1999
Lebt in Dombas, Norwegen
Sponsoren Volcom, Red Bull, Nitro, Electric, Skullcandy